Warum Chefs gute Mitarbeiter nicht als solche erkennen
Gerade lese ich einen Artikel über 15 Dinge, die gute Mitarbeiter niemals tun. Grundsätzlich stimme ich dieser Liste vollständig zu. Das Problem ist nur, dass nach meiner Erfahrung Chefs diese Liste nicht kennen und eigentlich jedes Kriterium umgekehrt als Zeichen eines schlechten Mitarbeiters verstehen. Nehmen wir sie mal Punkt für Punkt auseinander:
Nach meiner Erfahrung herrscht in "Teams" ein Hauen und Stechen, ständige Konkurrenz. Viele Mitarbeiter sind nicht kompetent, faul oder chaotisch organisiert. In so einem Umfeld findet der Chef es zwar praktisch, wenn er wenigstens einen Mitarbeiter hat, der ohne Jammern und Nörgeln ordentliche Arbeit macht. Wenn er jemanden hat, der jede Aufgabe, die ein Kollege wochenlang verschleppt oder versemmelt hat, noch auf die Schnelle übers Wochenende rettet. Aber dankbar sind die Chefs so jemandem mitnichten, sondern halten ihn für eine durch Minderwertigkeitskomplexe verkrüppelte Kreatur. Die Mitarbeiter, die Arbeitsverweigerung betreiben, wirken viel cooler. Keine Ahnung, was in solchen Chefs vor sich geht! Ich messe den Wert eines Mitarbeiters jedenfalls an seinem produktiven Output, nicht an seinen Komplimenten über meine neue Frisur oder der Dramatik seiner Ausreden. Allerdings weiß ich auch, wie nichtsnutzige Mitarbeiter ihre Position sichern: durch Intrigen. Aber das wäre mal ein anderer Artikel...
- Sie bleiben nicht stehen. -> Das kann der Chef missverstehen als "Jetzt will sie schon wieder was Neues. Was sie gerade macht, genügt ihr wohl nicht?" Oder er ärgert sich, dass er sich schon wieder mit einem neuen Thema beschäftigen muss.
- Sie scheuen sich nicht davor, Erfolge zu kopieren. -> Na, das kann aber auch als Ideenlosigkeit und Gedankendiebstahl ausgelegt werden! (Was es ja oft auch ist.)
- Sie finden keine Ausreden (für Misserfolge) -> Das ist aus Chefsicht ein Bekenntnis der Schuld. Wenn man keine noch so dämliche Ausrede vorbringt, sondern sagt: "Jawohl, ich habe Mist gebaut. Das nächste Mal werde ich dies und das besser machen", dann ist man ein schlechter Mitarbeiter, weil man ja einen Fehler gemacht hat. Die Schuld auf Kollegen zu schieben, scheint aber immer zu funktionieren, obwohl ich nicht ganz verstehe, warum Chefs das erlauben. Ich habe sowas jedenfalls nicht hören wollen, als ich Chefin war. Am Ende eines Ausredensermons fragte ich mal: "Und besteht denn noch Hoffnung auf Besserung?", worauf die Mitarbeiterin die Augen rollte und mir unterstellte, ich hätte ihr gerade gar nicht zugehört. Sie habe doch ausgezeichnete Arbeit geleistet. Das war übrigens keine gute Mitarbeiterin.
- Sie schaffen keine Gräben -> Tja, viele Chefs schaffen selbst gerne Gräben.
- Sie blockieren nicht (Neues) -> Kann der Chef aber auch so auslegen, dass man kein Rückgrat und keine eigene Meinung habe
- Sie zweifeln nicht viel -> siehe voriger Punkt
- Sie zweifeln nicht zu wenig -> Tja, Kritik am Chef kommt aber nicht gut an und auch Kritik an einer vorgeschlagenen Veränderung wird vom Chef gerne als persönliche Kritik verstanden
- Sie erwarten keine Anerkennung -> Sieht aber fast aus wie Minderwertigkeitskomplexe, nicht wie Genügsamkeit oder intrinsische Motivation
- Sie fühlen sich nicht dauernd angegriffen -> siehe oben. Man muss seinen Platz in der Hierarchie verteidigen, sonst wird das nix.
- Sie verschwenden ihre Kraft nicht (auf hoffnungslose Kämpfe) -> siehe voriger Punkt. Letztlich muss man aus Prinzip um jeden Bleistift kämpfen.
- Sie stellen keine unrealistischen Ansprüche -> siehe Minderwertigkeitskomplexe. Die Ansprüche, die man als Mitarbeiter stellt, sollten sich aus Prestigegründen nicht am wirtschaftliche Sinnvollen orientieren, sondern an dem, was die Kollegen fordern.
- Sie ändern nicht dauernd ihre Meinung -> Tja, das ist Sturheit, oder? Es ist anstrengend für einen Chef, dauernd an den ethischen Prinzipien eines Mitarbeiters anzuecken
- Sie lassen sich nicht runterziehen -> Kann auch als Autismus und Gefühllosigkeit interpretiert werden oder als Minderwertigkeitskomplexe
- Sie verlieren nicht ihre Handlungsfähigkeit -> siehe voriger Punkt
- Sie schauen nicht zurück -> siehe vorige beide Punkte. Kann auch leichtfertig wirken.
Nach meiner Erfahrung herrscht in "Teams" ein Hauen und Stechen, ständige Konkurrenz. Viele Mitarbeiter sind nicht kompetent, faul oder chaotisch organisiert. In so einem Umfeld findet der Chef es zwar praktisch, wenn er wenigstens einen Mitarbeiter hat, der ohne Jammern und Nörgeln ordentliche Arbeit macht. Wenn er jemanden hat, der jede Aufgabe, die ein Kollege wochenlang verschleppt oder versemmelt hat, noch auf die Schnelle übers Wochenende rettet. Aber dankbar sind die Chefs so jemandem mitnichten, sondern halten ihn für eine durch Minderwertigkeitskomplexe verkrüppelte Kreatur. Die Mitarbeiter, die Arbeitsverweigerung betreiben, wirken viel cooler. Keine Ahnung, was in solchen Chefs vor sich geht! Ich messe den Wert eines Mitarbeiters jedenfalls an seinem produktiven Output, nicht an seinen Komplimenten über meine neue Frisur oder der Dramatik seiner Ausreden. Allerdings weiß ich auch, wie nichtsnutzige Mitarbeiter ihre Position sichern: durch Intrigen. Aber das wäre mal ein anderer Artikel...
AndreaHerrmann - 27. Jun, 09:16