Präsentationskurse: Fehlwahrnehmungen ausgleichen versus sture Regeln aufdrängen?
In Präsentationskursen lernt man eine Menge nützlicher Tipps: Mit vor der Brust verschränkten Armen signalisieren wir Ablehnung, mit den Händen in den Hosentaschen Unsicherheit und nur sichtbare Handflächen signalisieren Offenheit und Vertrauenswürdigkeit.
Daraus ziehen wir bisher die Schlussfolgerung, dass jeder Vortragende diese Regeln verinnerlichen und bei seiner Schauspielerei berücksichtigen muss. Warum? Weil die Zuhörer dumm und manipulierbar sind, während der Vortragende geschult ist.
Nun ist aber diese Situation schon lange nicht mehr gegeben. Die meisten unserer Zuhörer sind geschult und kennen die Regeln. Trotzdem stellt niemand in Frage, dass der Vortragende vor allem auf seine Vortragsweise zu achten habe und der Inhalt irrelevant sei, weil die Zuhörer diesen sowieso nicht wahrnehmen. Ist ja schließlich wissenschaftlich bewiesen. Oder eben durch Präsentationskurse verursacht.
Ich bin der Meinung, es sei an der Zeit, um die Verhältnisse umzukippen. Ich jedenfalls verwende mein Wissen über die unbewusste Wirkung bestimmter Signale, um sie zu ignorieren. Um zu verhindern, dass ich mich durch die Form vom Inhalt ablenken lasse. Kommt der Vortragende mit hängenden Schultern auf die Bühne geschlurft, dann nehme ich bewusst wahr, welche Wirkung dies auslöst und beschließe, mir trotzdem noch kein Urteil zu bilden. Denn ich will mich auf die Inhalte seines Vortrags konzentrieren und mir darüber ein Urteil bilden. Die Persönlichkeit und momentane Stimmung des Boten spielen keine Rolle. Schon oft haben Narren weise gesprochen und charismatische Persönlichkeiten katastrophale Lügen überzeugend verbreitet.
Schließlich sitze ich ja nicht in seinem Vortrag, um den Redner zu bewerten, sondern von ihm inhaltlich zu lernen und Denkanstöße zu erhalten. Daduch, dass ich etwas gelernt habe über Wahrnehmungsverzerrungen, weiß ich meine eigene Wahrnehmung zu schärfen und bewusst auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Was aber tun die anderen geschulten Zuhörer? Genau das, was sie im Kurs trainiert haben: Sie haben gelernt, mehr auf die Form als den Inhalt zu achten, und strenge Kriterien an den auf der Bühne anzulegen. Hält sich einer nicht an alle ihnen bekannte Regeln, so ist der Redner nicht ernst zu nehmen, da kein professioneller Speaker.
Die meisten geschulten Zuhörer verhalten sich im Vortrag so als seien sie dafür herbestellt, den Vortragenden zu bewerten. Nachdem sie drei Tage lang im Kurs andere Vortragende zerlegt haben anhand Kriterien wie "Hat er die Hände in den Taschen?" ist diese Denke so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie nicht mehr anders können. Man hat gelernt, bei Vortragenden auf Fehler zu lauern, um sie ihm hinterher zu seiner eigenen Weiterentwicklung um die Ohren zu hauen. Dieses anerlernte Verhalten wird außerhalb des Kurses fortgesetzt.
Liegt es an den Trainern oder den Kursteilnehmern? An beiden, denke ich. Der Kursteilnehmer will lernen zu manipulieren und weniger, Manipulationen aufzudecken. Darum interpretiert und nutzt er das Gelernte nur in diese eine Richtung, nicht in die andere. Denn genau genommen schult ein Kurs beides zugleich, auch wenn das Kritisieren intensiver geübt wird. Aber vielleicht zielt diese Manipulation des Kursteilnehmers durch den Trainer darauf ab, strenge Kriterien erbarmungslos in die Welt zu tragen, um jeden Redner zu wiederholten Präsentationskursen und Präsentationscoachings zu zwingen. Ein sich selbst erhaltendes System. Wer nicht die Sprache spricht, wird nicht verstanden, wer nicht die Zertifikate hat, gehört nicht dazu.
Ohne Perfektion braucht man ja heutzutage nicht mehr anzutreten, da hört einem keiner zu. Erst nachdem Hände, Füße, Stimme, Blick etc. perfekt sind, kann sich das Publikum entspannt dem Inhalt widmen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, verursachen die formalen Regelbrüche bei ihnen - dank Training - solche Schmerzen, dass Inhalt nicht wahrgenommen werden kann. Man will ja auch keinen ernst nehmen, der nicht mal die Kriterien des Kurses "Regeln für Anfänger" einhält. "Sie hatten einen Tippfehler auf Folie 27 unten. Solch einen Schlamper wie Sie KANN man ja nicht ernst nehmen!"
Ich bin für mehr Lockerheit auf und vor der Bühne. Für die Konzentration auf das Wesentliche!
Die meisten Vorträge werden gehalten und besucht zum Zwecke der Wissensübermittlung. Und dabei sollte es doch egal sein, ob der Vortragende die Hände in den Hosentaschen hat oder sie gebend offen auf Hüfthöhe hält. Schön, wir wissen das jetzt alle, dass hinter dem Rücken verschränkte Arme dämlich wirken. Aber das ist kein Grund, den Vortragenden für dämlich zu halten, sondern im Gegenteil seine peinliche Haltung höflich zu ignorieren und seinen Worten zu lauschen.
Daraus ziehen wir bisher die Schlussfolgerung, dass jeder Vortragende diese Regeln verinnerlichen und bei seiner Schauspielerei berücksichtigen muss. Warum? Weil die Zuhörer dumm und manipulierbar sind, während der Vortragende geschult ist.
Nun ist aber diese Situation schon lange nicht mehr gegeben. Die meisten unserer Zuhörer sind geschult und kennen die Regeln. Trotzdem stellt niemand in Frage, dass der Vortragende vor allem auf seine Vortragsweise zu achten habe und der Inhalt irrelevant sei, weil die Zuhörer diesen sowieso nicht wahrnehmen. Ist ja schließlich wissenschaftlich bewiesen. Oder eben durch Präsentationskurse verursacht.
Ich bin der Meinung, es sei an der Zeit, um die Verhältnisse umzukippen. Ich jedenfalls verwende mein Wissen über die unbewusste Wirkung bestimmter Signale, um sie zu ignorieren. Um zu verhindern, dass ich mich durch die Form vom Inhalt ablenken lasse. Kommt der Vortragende mit hängenden Schultern auf die Bühne geschlurft, dann nehme ich bewusst wahr, welche Wirkung dies auslöst und beschließe, mir trotzdem noch kein Urteil zu bilden. Denn ich will mich auf die Inhalte seines Vortrags konzentrieren und mir darüber ein Urteil bilden. Die Persönlichkeit und momentane Stimmung des Boten spielen keine Rolle. Schon oft haben Narren weise gesprochen und charismatische Persönlichkeiten katastrophale Lügen überzeugend verbreitet.
Schließlich sitze ich ja nicht in seinem Vortrag, um den Redner zu bewerten, sondern von ihm inhaltlich zu lernen und Denkanstöße zu erhalten. Daduch, dass ich etwas gelernt habe über Wahrnehmungsverzerrungen, weiß ich meine eigene Wahrnehmung zu schärfen und bewusst auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Was aber tun die anderen geschulten Zuhörer? Genau das, was sie im Kurs trainiert haben: Sie haben gelernt, mehr auf die Form als den Inhalt zu achten, und strenge Kriterien an den auf der Bühne anzulegen. Hält sich einer nicht an alle ihnen bekannte Regeln, so ist der Redner nicht ernst zu nehmen, da kein professioneller Speaker.
Die meisten geschulten Zuhörer verhalten sich im Vortrag so als seien sie dafür herbestellt, den Vortragenden zu bewerten. Nachdem sie drei Tage lang im Kurs andere Vortragende zerlegt haben anhand Kriterien wie "Hat er die Hände in den Taschen?" ist diese Denke so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie nicht mehr anders können. Man hat gelernt, bei Vortragenden auf Fehler zu lauern, um sie ihm hinterher zu seiner eigenen Weiterentwicklung um die Ohren zu hauen. Dieses anerlernte Verhalten wird außerhalb des Kurses fortgesetzt.
Liegt es an den Trainern oder den Kursteilnehmern? An beiden, denke ich. Der Kursteilnehmer will lernen zu manipulieren und weniger, Manipulationen aufzudecken. Darum interpretiert und nutzt er das Gelernte nur in diese eine Richtung, nicht in die andere. Denn genau genommen schult ein Kurs beides zugleich, auch wenn das Kritisieren intensiver geübt wird. Aber vielleicht zielt diese Manipulation des Kursteilnehmers durch den Trainer darauf ab, strenge Kriterien erbarmungslos in die Welt zu tragen, um jeden Redner zu wiederholten Präsentationskursen und Präsentationscoachings zu zwingen. Ein sich selbst erhaltendes System. Wer nicht die Sprache spricht, wird nicht verstanden, wer nicht die Zertifikate hat, gehört nicht dazu.
Ohne Perfektion braucht man ja heutzutage nicht mehr anzutreten, da hört einem keiner zu. Erst nachdem Hände, Füße, Stimme, Blick etc. perfekt sind, kann sich das Publikum entspannt dem Inhalt widmen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, verursachen die formalen Regelbrüche bei ihnen - dank Training - solche Schmerzen, dass Inhalt nicht wahrgenommen werden kann. Man will ja auch keinen ernst nehmen, der nicht mal die Kriterien des Kurses "Regeln für Anfänger" einhält. "Sie hatten einen Tippfehler auf Folie 27 unten. Solch einen Schlamper wie Sie KANN man ja nicht ernst nehmen!"
Ich bin für mehr Lockerheit auf und vor der Bühne. Für die Konzentration auf das Wesentliche!
Die meisten Vorträge werden gehalten und besucht zum Zwecke der Wissensübermittlung. Und dabei sollte es doch egal sein, ob der Vortragende die Hände in den Hosentaschen hat oder sie gebend offen auf Hüfthöhe hält. Schön, wir wissen das jetzt alle, dass hinter dem Rücken verschränkte Arme dämlich wirken. Aber das ist kein Grund, den Vortragenden für dämlich zu halten, sondern im Gegenteil seine peinliche Haltung höflich zu ignorieren und seinen Worten zu lauschen.
AndreaHerrmann - 5. Jul, 16:07